Essay aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Geschichte - Asien, Note: Sehr gut (1,0), Humboldt-Universit t zu Berlin (Institut f r Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Hauptseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Dilemma, in das sich die russischen Bolschewiki im Oktober 1917 gebracht hatten, ist oft beschrieben worden: Sie wollten die proletarische Revolution in einem agrarisch gepr gten Staat. Rund 80 Prozent der Russen lebten damals auf dem Land. Auch dort fand eine Revolution statt. Die Unterschiede zur urbanen Lebenswelt aber waren so gro , dass man von "der" Oktoberrevolution schlichtweg nicht sprechen kann. Der sowjetische Marxist Lev Kritsman sah 1917 zwei ganz unterschiedliche Revolutionen: Die sozialistische der St dte und eine antifeudale, bourgeoise auf dem Land. Die jahrhundertealte Trennung von Stadt und Land, die Idealisierung oder D monisierung der Bauern durch die Intelligenz, berdauerte zun chst die Z sur von 1917. Obwohl viele der f hrenden Bolschewiki selbst aus dem Dorf stammten, f hrte ihre Revolution nicht zu einer Ann herung der beiden Welten. Ganz im Gegenteil l sst sich die Brutalit t, mit der das Zentralkomitee ab den sp ten Zwanzigerjahren Kollektivierung und Dekulakisierung vorantrieb, teilweise gerade mit der Verachtung erkl ren, die diese M nner ihrer eigenen Herkunft entgegenbrachten. Dass es sich tats chlich um zwei Welten handelte, die in jenen Jahren aufeinanderstie en, wird immer wieder in der unterschiedlichen Wahrnehmung der Ereignisse deutlich. Wenn es im folgenden um die Sicht von Bauern und Bolschewiki aufeinander geht, zeigt sich, dass beide Seiten die Kollektivierung in ganz verschiedene Deutungszusammenh nge stellten. Zugleich werden strukturelle Parallelen in den Weltbildern deutlich, die die Gewaltt tigkeit in Wort und Tat verst ndlicher erscheinen lassen. Und mit den gesch tzten vier bis sechs Millionen Toten, die allein die Hungersnot von 1932/33 forderte - von den Deportationen und Hinrichtungen ganz zu schweigen